Von jeher besticht und irritiert Karola Pavone gleichermaßen durch mangelnde Schubladentauglichkeit - im Leben wie in der Kunst. Die Sopranistin ohne allzu großen Respekt vor Fachgrenzen studierte in Köln sowie, in einem besonders finsteren Winter, an der Opernschule in Göteborg, wo der gebürtigen Süditalienerin das Singen einer Puccini-Oper auf Schwedisch ein frühes Trauma bescherte. Sie erholte sich dennoch fast vollständig, bis hin zum wackeren Überleben eines jahrelangen Festengagements und mittels einer Schocktherapie aus Operette und Mozart, durch die sie die eigens für sie erfundene Fachbezeichnung "Kampfsoubrette" aus der Taufe hob und prägte; weitere berufliche Wirkungskreise umfassen mit größter Vorliebe die instrumentale Kammermusik mit Gesang - von Schubert bis Schönberg, gar hin zu lebenden Komponisten, ist keiner vor ihr sicher – und mittlerweile auch die Gattung des progressiv altmodischen Musikkabaretts. Besonders hier kann die „hemmungslose“ (Zitat Ende) Sängerin ihrer Neigung zu schnellem Witz und billiger Pointe angemessen Ausdruck verleihen. Ihre breit gefächerte Interessenlage umfasst ansonsten u. A. das nachgerade pathologisch zwanghafte Fotografieren weißer Plastikstühle weltweit, das selbsttätige Lesen (und Schreiben) von Schachtelsätzen, das Finden und Anstreichen tätowierter Rechtschreibfehler im Freibad sowie den unendlichen Reichtum der uns weit überlegenen Tierwelt. Beim genüsslich einsamen Durchreiten oder -wandern europäischer Hügellandschaften sinniert sie gern über Kunstlieder und Meeresgetier, mit besonderer Vorliebe referiert sie vor ihrem äußerst geduldigen sozialen Umfeld über den Axolotl, das Bärtierchen, die Bedeutung der griechischen Antike für Franz Schubert sowie den Pazifischen Riesenkraken. Weiterhin kann sie an guten Tagen schottische Sechzehnjährige am Geruch erkennen, was gelegentlich auf gesellschaftliches Befremden stößt, und erfreut ihr Umfeld mit zur Entspannung selbst kreierten Süß- und Schnapswaren. Trotz Alledem ist sie gelegentlich zu großer Ernsthaftigkeit bereit und durchaus fähig, wie ihre 2020 veröffentlichte CD mit depressivem französischem Liedgut beweist ("Le Chevalier Malheur", Coviello Classics, mit Boris Radulovic). Privat würde sie sich das allerdings, trotz ihres tiefverwurzelt empfundenen Bildungsauftrags als Lehrerkind, niemals freiwillig anhören, zur Inspiration greift sie weiterhin lieber eklektisch auf Bob Dylan, Queen, Monteverdi u. A. zurück. Neben ihrer regen solistischen Tätigkeit an unerschrockenen Opern- und Konzerthäusern als Sopranistin und gelegentliche Kammermusikpartnerin ist sie außerdem als tiefer Sopran Ensemblesängerin beim Vokalquartett Cantus Aureus (daran schätzt sie besonders die unumstößliche Tatsache, dass vier Sängerinnen zusammen acht Arme besitzen, was sie als glühende Anhängerin der Familie der Oktopoden immer wieder besonders erfreut), außerdem hängen an ihrer Toilettenwand nicht nur ein Diplom und ein ebenso nutzloses wie ausgezeichnetes Konzertexamen, sondern gar eine praktischerweise pandemiebedingt erworbene Urkunde als Massage- und Wellnesstherapeutin, denn schließlich sollte man sich nicht auf eine einzige Art beschränken, Menschen gegen Geld Schaden zuzufügen. Karola Pavone - pardon, parolakanone - singt, spielt, liest und schreibt sowohl auf Bestellung als auch unaufgefordert, bisher am Stadttheater Gießen, beim MoselMusikFestival, den Sommerfestspielen Wiesbaden, im Rittergut Haus Orr, auf Schloss Malbach, im Notenspur-salon zu Leipzig und am Deutschen Theater München.